Schweizer Bauunternehmungen billiger als im Ausland
In den Köpfen vieler Leute hat sich das Bild der «Hochpreisinsel Schweiz» festgesetzt. Auch die Leistungen der Bauwirtschaft werden als Teil dieser Hochpreisinsel wahrgenommen. Wie nun eine neue Studie von BAKBASEL¹ im Auftrag des Schweizerischen Baumeisterverbandes nachweist, sind die Preise für Schweizer Bauleistungen entgegen den Erwartungen durchaus wettbewerbsfähig, sogar zum Teil bedeutend günstiger als im Ausland. Dies gilt allerdings nur bezogen auf das eigentliche Bauen und sofern man die Vorleistungen (Materialkosten, Baumaschinenpreise, Grundstückpreise usw.) abzieht. In den gängigen Analysen von Baupreisen werden eben i.d.R. die Endpreise für fertige Gebäude oder Infrastrukturwerke betrachtet. Daher klaffen Wahrnehmung und Realität auseinander. Es ist nämlich unzulässig, aus den Endpreisen auf die Kosten der Baumeister zu schliessen und deren Preise zu beurteilen. Die in dieser Form erstmals durchgeführte Studie zeigt, dass die Eigenleistungspreise des Schweizer Bauhauptgewerbes durchaus mit der ausländischen Konkurrenz mitzuhalten vermögen.
Gleiches mit Gleichem vergleichen
Um die preisliche Leistungsfähigkeit der Bauunternehmungen zu beurteilen, müssen die Preise für die reinen Baudienstleistungen verglichen werden. Das heisst, die Kosten von Vorleistungen (Materialkosten, Baumaschinenpreise, Grundstückpreise usw.) sind herauszurechnen. Denn erst auf dieser Ebene der eigentlichen Wertschöpfung können die Leistungen der Bauunternehmungen tatsächlich beurteilt werden. Branchenfremde Effekte sind somit ausgeklammert. Wie die Studie zeigt, liegen die Eigenleistungspreise sowohl in Deutschland als auch in Frankreich über dem Schweizer Niveau. Nur in Österreich sind die Preise ein wenig tiefer als in der Schweiz. Wichtig ist bei diesen internationalen Vergleichen, dass die Währungseinflüsse neutralisiert werden. Auch dies wird in der Studie berücksichtigt.²
Schweizer Preise höher, aber nicht wegen der Baumeister
Die Endpreise auf der Nachfragerseite bestätigen allerdings die Tatsache höherer Schweizer Baupreise. Diese Abweichung ist kein Widerspruch, sondern ist damit zu erklären, dass die Vorleistungen in der Schweiz deutlich mehr kosten als in den Vergleichsländern. Dieses Ergebnis der Studie stimmt mit allgemeinen Beobachtungen und Erfahrungen überein: In den letzten Jahren hat sich im Baugewerbe ein teilweise ruinöser Preiswettbewerb entwickelt. Dieser ist weniger auf Überkapazitäten als auf die sehr hohe Zahl von Anbietern zurück zu führen. Trotz offensichtlich ungenügender Margen bleiben Firmen im Markt, weil sie z.B. das Eigenkapital nicht marktüblich verzinsen oder ihre Erträge vorwiegend aus anderen Betriebszweigen erwirtschaften können (vgl. Immobilien, baufremde Arbeiten für Dritte).
Handlungsbedarf im Submissionsrecht
In Anlehnung an Felder und Podgorski³ 2009 orten die Autoren der Studie einen Handlungsbedarf im schweizerischen Submissionsrecht. Trotz der erfolgten Harmonisierungsanstrengungen ist das Schweizer Submissionswesen noch «äusserst komplex» und durch kantonale und teilweise auch kommunale Eigenheiten geprägt. Auch die Tendenz zu grössere Losen verhindert die volle Ausschöpfung vorhandener Effizienzpotenziale vor allem im Tiefbau. Im Hochbau wird die Harmonisierung der kantonal unterschiedlichen Baubegriffe (formelles Baurecht) als probates Mittel für Kosteneinsparungen identifiziert.
¹ Preis bestimmende Faktoren im Schweizer Bauhauptgewerbe - ein internationaler Vergleich, BAK Basel 2010
² Die Preise werden anhand der Kaufkraftparitäten vergleichbar gemacht.
³ S. Felder und C. Podgorski (2009), Die Harmonisierung des öffentlichen Beschaffungswesens in der Schweiz: Auswirkungen auf die Bauwirtschaft, Universität Duisburg-Essen, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften, Essen.