Doppelspurausbau am Zugersee

Auf der vor über 120 Jahren erstellten Bahnstrecke zwischen Zug und Arth-Goldau am Ostufer des Zugersees von 15 Kilometer Länge sind umfangreiche Sanierungsarbeiten im Gange. Dabei werden rund 100 Einzelobjekte an Tunnels, Brücken und Gleisen sowie der Bahntechnik erneuert. Herzstück ist der Neubau eines 1,7 Kilometer langen Doppelspurabschnitts bei Walchwil. Gesamthaft investieren die SBB rund 200 Millionen Franken.

Das Gesamtprojekt Infrastrukturmassnahmen Zugersee Ost betrifft das Bahntrassee zwischen Zug Süd und Arth-Goldau. Diese Strecke wurde als Teil des Zürcher Gotthardbahn-Zubringers erstellt und 1897 in Betrieb genommen. Für die anstehenden umfangreichen baulichen Sanierungsmassnahmen hatten vorgängige eingehende Evaluationen des Bauherrn SBB Division Infrastruktur ergeben, dass sich diese mit einer kompletten Streckensperrung zwischen Zug Oberwil und Arth-Goldau am schnellsten und effizientesten bewerkstelligen lassen. Diese ist für eineinhalb Jahre veranschlagt und soll bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2020 dauern. Die Alternative „Bauen unter Betrieb“ hätte die Bauzeit mit viel Nachtarbeit um mehrere Jahre verlängert und erhebliche Mehrkosten verursacht. Nachdem erste bauliche Vorbereitungsarbeiten im Frühjahr 2019 begannen, laufen seit Juni die Baumassnahmen. Während der Streckensperrung wird der Zugverkehr auf der Westseite des Zugersees via Rotkreuz abgewickelt und das bestehende Busangebot verstärkt.

Bündelung von Infrastrukturmassnahmen
Im Rahmen der Projektierung wurde grosses Synergiepotential festgestellt: Das Trassee und über hundert Einzelobjekte entlang dem Ostufer des Zugersees haben das Ende ihrer Lebensdauer erreicht und müssen erneuert werden. Dank der Streckensperrung kann die Trasseeführung leicht optimiert und besser in die Landschaft eingefügt werden. Zudem muss die SBB-Strecke in Arth aufgrund von Naturgefahren (Steinschlag, Hangmuren) geschützt werden. Zeitgleich mit den Baumassnahmen am Zugersee Ost erfolgt ein Umbau des Bahnhofs Arth-Goldau mit einer Investitionssumme von 60 Millionen Franken.

Neuer Doppelspurabschnitt bei Walchwil
Der Ausbau auf zwei Gleise von Walchwil aus Richtung Zug umfasst die Erstellung einer 1.7 Kilometer langen Doppelspur nördlich des Bahnhofs entlang der bestehenden Einspurstrecke, die rückgebaut wird. Durch diese Neuanlagen können sich die Züge künftig auf einer Strecke von 2,2 Kilometer kreuzen. Nach Angaben von SBB-Gesamtprojektleiter Mattia Bianchi erfolgt dazu ein Komplettabbruch des bestehenden Bahnkörpers mit Schotter, Schienen, Schwellen, Fahrleitung, Kabel und Signalen. Die Haltestelle Walchwil Hörndli wird der neuen Gleislage angepasst, der Tunnel Bühl aufgeweitet und der Sagenbach mit einem zweiten Viadukt überquert. Das neue Doppelspurtrassee wird gleisgeometrisch optimiert, wobei die Erweiterung mehrheitlich hangseitig erfolgt. Dazu auszuführen sind Felsabbrüche, Dammerweiterungen, neue Stützmauern und Anpassungen an bestehende Kunstbauten.

Substanzerhalt Kunstbauten und Fahrbahn
Das Ausbauprojekt beinhaltet die Sanierung bzw. den Neubau von mehr als 100 Ingenieurbauwerken: Viadukte, Über-/Unterführungen, Stützmauern und Durchlässe. Hinzu kommen neue Abdichtungen, Korrosionsschutz, neue Brückenplatten und          -Tröge, der Einbau von Gehstegen sowie Mauersanierungen. Wichtige Massnahmen sind nach Angabe von SBB-Gesamtprojektleiter Rolf Schwarb die Sanierung des Stadtviadukts Zug, neue Strassenunterführungen Mänibach und Räbmatt, der Ersatz der alten Stahlbrücke Widenstrasse Zug Oberwil. Die Lärmsanierung umfasst die Stahlbrücken St. Adrian und Rufibach. Weitere Baumassnahmen betreffen die Kompletterneuerung des Bahntrassees mit Rückbau Schotter/Schienen/Schwellen und Kabel auf einer gesamten Länge von 15 Kilometer. Dazu gehören ein neuer Unterbau mit Belag, neue Entwässerung, breitere Unterhaltswege, neue Schienen/Schwellen/Schotter und 7 Kilometer Steinkörbe sowie 200 Kilometer neue Kabel.

Sanierung von sieben Tunnels
Zielsetzungen der Tunnelerneuerungen sind Profilanpassungen für Doppelstocktauglichkeit und Substanzerhalt. Dieses Teilprojekt erstreckt sich auf sieben Tunnelbauwerke. Bei den Ende des 19. Jahrhunderts erstellten Tunnels handelt es sich um einspurig befahrene Bauwerke, deren Gewölbe in der Regel aus einem Natursteinmauerwerk besteht. Mit der Erneuerung wird sichergestellt, dass die Objekte ihre Funktionen, Betriebssicherheit und Verfügbarkeit mindestens für die nächsten 50 Jahre aufrechterhalten können. Die auszuführenden Baumassnahmen umfassen nach Angaben des Ingenieurkonsortiums die Anpassung an neue Lichtraumprofilanforderungen, Gleisabsenkung mit Gewölbeunterfangung,  Mauerwerkssanierung und Schrämarbeiten, Gewölbeabdichtung, lokale Bergwasserfassungen, Sanierung des Entwässerungssystems, Anpassung von Ober- und Unterbau, Erstellung von Werkleitungskanälen und Kabelrohranlagen. Hinzu kommt der Einbau einzelner Personenschutznischen zur Erhöhung der Sicherheit bei Unterhaltsarbeiten. Grösstes Tunnelobjekt ist der Stadttunnel Zug, der mit einer Länge von 585 Meter dicht bebautes Gebiet unterquert. Im 90 Meter langen Tunnel Bühl erfolgt eine Aufweitung von Einspur- auf Doppelspur-Querschnitt in bergmännischem Vortrieb mit Rohrschirm. Nach dem Anfang dieses Jahres abgeschlossenen Ausbruch sind nun Arbeiten für Verkleidung, Portal und Innenausbau im Gange.

Bauabwicklung ab Bahntrassee
Die Gesamterneuerung der Bahnstrecke von Zug bis Arth-Goldau ist nach Angaben der mit den Bauarbeiten betrauten Arbeitsgemeinschaft Zugersee Ost ZUGO mit den Firmen: Marti Bauunternehmung AG/Implenia Schweiz AG/Anliker AG/Walo Bertschinger AG/Frutiger AG/Porr Suisse AG in zehn Abschnitte und 128 Objekte unterteilt. Zusätzlich dazu sind Rückbauten der Bahntechnik sowie elf Zufahrten auf das Trassee mit sechs Installationsplätzen zu erstellen. Die Ausführung ist in die Baufelder A (Bahnhof Zug bis Sagenbachbrücke - km 8,650) und B (Sagenbachbrücke bis Bahnhof Arth – km 15,400) aufgeteilt und in vier Teilprojekte gegliedert: Doppelspurausbau Walchwil, Substanzerhalt Kunstbauten und Fahrbahn, Substanzerhalt Einspurtunnel sowie Schutzbauten Baltisberg und Härzigwald. Da das Bahntrassee grösstenteils in topografisch schwierigem Gelände verläuft, wird ein teilprojektübergeordnetes Zufahrts- und Bauablaufkonzept umgesetzt.

Die Herausforderung für die Arge besteht darin, dass sich die Baustelle über 15 Kilometer Länge erstreckt und als Installations- und Arbeitsfläche nur das bestehende schmale Bahntrassee zur Verfügung steht. Die Baustellenlänge ist in verschiedene isolierte Arbeitsplätze aufgeteilt und umfasst gesamthaft etwa 40 einzelne Arbeitsstellen. Die Arbeiten umfassen Temporäre Nagelwände, Permanente ungespannte Stabanker und vorgespannte Litzenanker, Mikropfähle sowie Sprengabträge. Auch auftretende geologische Schwierigkeiten sind zusammen mit dem Auftraggeber zeitnah zu lösen. All diese Tätigkeiten müssen untereinander koordiniert werden, um den Projektfahrplan sicherzustellen und damit eine fristgerechte Fertigstellung zu gewährleisten.

Umfangreiche Spezialtiefbauarbeiten werden im Auftrag der Arge ZUGO im Subunternehmerverhältnis durch die Gasser Felstechnik AG ausgeführt. Die Hauptarbeiten sind im Raum Walchwil gestartet worden, nachdem die Gleise zurückgebaut waren. Ein 25-köpfiges Baustellenteam stand mit bis zu acht Bohrgeräten für das Bohren von permanenten ungespannten Stabankern im Einsatz. Zeitgleich wurde mit den Baugrubensicherungen für die neuen Kunstbauten sowie mit den Sicherungen des anliegenden Felsens begonnen. Damit war es der Arge möglich, zeitnah mit dem Betonieren der Kunstbauten im Bereich des Doppelspurausbaus zu beginnen.

Curt M. Mayer

Über den Autor

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Schweizerischer Baumeisterverband

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